(begonnen am 01.03.2005 in Gersthofen von Reinhold Schulze)
Es geht heute um Erinnerungen an meinen Cousin Gerhard Donner, mit dem ich zeitweilig unter einem Dach wohnte. Es war das Dach meiner Großeltern Luise und Max Donner.
Dieses Dach bedeckte ein Häuschen, das aus einem Flur, einer Stube und dem Dachboden mit abgeteiltem Holzverschlag bestand. Darin stand ein altes Holzbett, etwas breiter als „normal“, in dem die Großeltern schliefen. Vor der Tür war unter der Dachschräge noch Platz für ein arg schmales Bett für eines der fast erwachsenen Kinder. Im „großen Raum“ war Platz für 3 Betten, in dem zeitweilig 6 Geschwister schliefen. Diese mussten, weil kein Platz für mehr Schläfer vorhanden war, in frühester Jugend „auswandern“. So auch meine Mutter Marie, die bereits mit 12 Jahren beim Bauer Große als Kindermädchen und Magd arbeitete und schlief.
Weiter zum Haus. Unter dieser Villa, die im Erdgeschoß 2 Nord- und 2 Westfenster hatte, befand sich ein „Kartoffelkeller“, den noch 3 Familien aus den Nachbarhäusern mit benutzten. Die 3 Anwesen gehörten 2 geschwisterlichen Jungfrauen, bestehend aus der früh verstorbenen gutmütigen Martha und dem für uns Kinder furchteinflößenden Kühn-„Klärchen“.
Außer mir wohnten „fest“ im Nebenhaus der Rolf Nitzsche mit Namen mit seiner Oma Klara.
Rolf ist 1 Jahr älter als ich und lebt noch in Hartmannsdorf im Gegensatz zu Schanze-Inge (war in meiner Klasse) die, früh verwaist, bei ihrer Laßsch-Oma (deutsch: Lässig-) wohnte und selbst auch früh starb (mit 16 oder 17?).
Nun zu Gerhard. Er war auf der Gass‘ der „Größte“, 7 Jahre älter als ich und mit mir noch, wie oben erwähnt, als letzte der Kinderschar der Donners im Donnerhäußle. Damals so dürr wie eine Zaunlatte. Jetzt, als seit 28.01. 81-jähriger, ist er ordentlich in die Breite gegangen und trägt stolz ein Klosgrab mit sich rum (Klos = bayerisch „Knödel“).
Dieser Gerhard nun hatte mit mir Probleme, wenn es ums Einschlafen ging. Ich wollte nicht einsehen, dass er länger aufbleiben durfte als ich.
Also blieb ich auf und auch noch wach, wenn er endlich schlafen wollte. Das nervte ihn und so erfand er fürchterliche Ungeheuer in Form von Riesenmücken. Folgendes spielte sich dann ab: Er drohte mir damit, die Mücken zu rufen. Er öffnete das „winzige“ Fenster neben meinen Bett und rief mit tiefer Stimme: „Mücken kommen!“. Ich unter die Bettdecke. Es war grusselig und ich vielleicht 4 Jahre alt.
Da soll ein Kind, das vor Angst zittert, einschlafen. So nach und nach gewöhnt man sich dran und später ließ ich ihn in dem Glauben, dass ich noch Angst habe.
Als ich dann in die Schule kam, war ich öfter zuhause bei meinen Eltern und Gerhard und ich trafen uns mit der anderen Dorfjugend entweder im Sommer beim Schwimmen in Linnemanns abgesoffener Ziegelei oder im Winter beim Skispringen an Ranfts „Großschanze“. Auf die Kuppe ging es auch, 2 Stunden bergauf (ohne Steigfelle) und ca. 10 Minuten Abfahrt, immer durch Tiefschnee.
Feldhamstern
Im Herbst zogen wir, Gerhard und ich sowie Nitzsche-Rolf, Basi(= Baßler)-Heini, sein Bruder Helmut, Kluchords-Gunther (Klughard) , sowie noch paar „klenne, namenlose Warscheln (Würstchen)“ los. Bewaffnet waren wir mit paar alten Vogelbauern und Spaten.
Vorher waren wir als Kundschafter unterwegs, wo Getreidefelder frisch abgeerntet waren und schauten nach Feldhamsterbauen.
Dann ging es ans Ausgraben der armen hübschen Viecher. Oft verliefen die langen, bis zu 1 Meter tiefen Röhren geradewegs unter die aufgebauten Kornpuppen, die wir dann versetzen mussten. Wehe, wenn sie auf Scheimsbaul (Scheibe Paul) seinem Feld nicht wieder auf dem vorherigen Platz standen. Der war außer Bauer noch Herr über mehrere stramme Belgier zum Wagenziehen, denn: Er nannte sich noch „Fuhrgeschäft“.
Daher hatte er auch Peitschen mit langer „Schmitz“ (Bindfaden) am Ende des Riemens.
Mit der konnte er saumäßig laut knallen. Aber uns nachlaufen und erwischen – das schaffte er nicht, denn er hatte seit Kavallerie-Zeiten im WK 1 die gewaltigsten O-Beine im Dorf. Außerdem trug er immer Reitstiefel, die er vermutlich gar nicht mehr von den Beinen brachte. So wenigstens dachten wir Rotzlöffeln (Lausbuben)!
Nun zu den Hamstern und ihren unterirdischen Silos. Diese wurden geleert, indem man mitgebrachte Säckchen mit Gerste, Korn, Hafer und zuletzt, weil in der Reihenfolge geerntet, als Weizen abfüllte. Diese Ernte wurde gerecht im Dorf der Ausgräber an die Hasenzüchter verteilt.
Die Hamster aber wurden lebend zu einer Silberfuchsfarm in der Ziegelstraße gebracht und vom Züchter leicht betäubt mit einem Holzscheit auf die Nase an die Füchse verfüttert.
Das gab dann paar Groschen die wir entweder in „Gunderkugeln“ (Murmeln auf preißisch!) oder in „Lokomotivenpfiff“ (Puffreis) beim Kniefheini oder seiner Frau Lisl umsetzten. Wenn Heini im Laden war, gab’s immer was dazu, z.B. eine Schockoldadenzigarette oder eine Kugel (diese aber nie aus Glas) je mach Umsatz.
Wenn er nichts gab, haben wir ihn beschimpft. Das war einfach, weil er Kriegsversehrter war und ein echtes Holzbein hatte mit Gummipuffer unten dran. Wichtigstes Schimpfwort war „Humpellise“, weil er bei der Lisl unter dem Pantoffel stand.
Weil ich dieses alles offemaal geschrieben habe, fällt mir nichts mehr ein zu Gerhard.
Noch mehr zum Donnerhäußl
Vielleicht später mal wieder. Es geht ehmt kreuz und quer. Auch vom Donnerhäußl fehlt noch bischen was, z.B. ist noch über die Stube zu berichten! Ach ja, und über die Betten. In denen schliefen wir auf Haferstrohsäcken. Das Stroh wurde im Herbst gewechselt nach der Getreideernte. Also, erst mal schlafen, „nnacht!“.
Weiter geht’s kreuz und quer am 02.03., nochmals mit dem „Donnerhäußl“, das eigentlich eher eine, sogar kleine, Kate war. Es war schon weiter oben von der „Wohnstube“ die Rede. Dazu gehört zum besseren Verständnis eine Zeichnung, die ich später hinzufüge. Die Stube hatte eine Tür in der rechten Ecke. Wenn man reinkam, war da links auf einem Bord der 2-flammige Gaskocher, vom Absperrhahn zu diesem mit einem Gummischlauch verbunden, den man abzog, um vom Hahn aus einen sehr langen Schlauch anzuschließen. Dieser ging durch die offene Tür zum „Vorsaal“. Aber nur Samstags, weil dann da eine große Zinkbadewanne stand zum Baden.
Sie hatte ein schmales Fußteil zur Wasserersparnis, dafür aber über dem Kopf ein „Dach“, wohl, damit es nicht reinregnet. Zur Heizung: Links und rechts entlang dem Wannenboden, der auf Füßen stand, waren Rohre aufgestellt mit kleinen Löchern, aus dem nach dem Öffnen des Gashahnes und anzünden mit bis zu 10 Zündhölzchen kleine blaue Flämmchen brannten, die das Badewasser warm hielten.
Die Reihenfolge der Badenden (im gleichen Wasser!) war: 1.) Der lautsingende Opa, wie an jedem Wochenende leicht beschwipst. Er sang immer: Erlewwe (= er lebe), was ihm auch im ganzen Niederdorf den Namen Donnerlewwe eingebracht hatte. Natürlich sang er das auch, wenn er mit dem Leiterwägelchen vom Einkaufen kam vom Samenhandel Erler am untersten Dorfende: Genug Zeit, 2 Flachmänner, die für zuhause gedacht waren, auf ihren Inhalt zu prüfen. Zurück in die Wanne. Den Buckel musste Oma waschen. Über den Rest ist nichts bekannt. Nach ihm, dem Opa Max (Erlewwe) kamen 2.) die verbliebenen Kinder (zu meiner Zeit nur noch Onkel Fritz) und die Enkel dran: Gerhard und ich. 3.) Als letzte durfte die Oma Lisl Luise, meine heißgeliebte Oma baden. Dann durfte niemand aus der Stube rausgehen und hinter den Vorhang schauen, nicht mal der Opa.
Das wars erst mal
Übrigens nannten wir unsere Großeltern Mutter und Vater, die Eltern aber Mama und Papa. Das betraf am Ende nur noch mich, denn Gerhard sagte, als er größer war, Ma und Pa. Er war ein uneheliches Kind. Sein Erzeuger war minderjährig, seine Mutter nicht viel älter (die „Klär“) und deshalb hatte ihn sein Opa, der Max, als Vormund „adoptiert“. Und so trägt er voller Stolz den Namen Donner (statt Landgraf, was man verstehen kann).
Ebenso sein Sohn Gerd, der 2 liebe Töchter hat. Also Schluß auf dieser Ebene. Seine Enkel und Urenkel gehen alle Namen – fremd!
So schweift man ab und ich bin nicht weiter als bis zum Gaskocher mit seiner Nebenfunktion gekommen. Links von diesem – in der Stube – stand ein eiserner Etagenofen mit der Feuerung und dem Aschenkasten auf der rechten Seite. Die Ofenplatten hatten Eisentüren, damit das Essen länger warm hielt. Denn: Es konnten nicht alle gleichzeitig am Tisch essen. Die „Späteren“ warteten auf der Ofenbank sitzend, ob was übrig blieb. Hier war der Fritz als großer Esser berühmt-berüchtigt. Er musste immer neben dem Opa sitzen, der ihm, weil er fürchterlich schlürfte, immer mal eine schmierte.
Hat es sich bis zu seinem Lebensende nicht abgewöhnt. Ansonsten war er mein „Lieblingsonkel“, weil er mir aus dem Krieg immer ein Geschenk mitbrachte. Ein Buch besitze ich heute noch mit seiner schnörkelreichen Widmung. Mach mal Pause. Der Rest der Wohnung folgt später, hoffentlich ohne Abweichungen.