Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes spielt eine entscheidende Rolle bei der Klärung von Vermisstenschicksalen aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch fast 80 Jahre nach Kriegsende erhalten sie jährlich tausende Anfragen von Menschen, die wissen möchten, was mit ihren Angehörigen geschehen ist. Während des Krieges waren über 20 Millionen Menschen, darunter Soldaten und Zivilisten, vermisst gemeldet. Heute sind noch etwa eine Million Fälle offen, an deren Klärung der Suchdienst intensiv arbeitet.
Der Prozess der Schicksalsklärung wird durch die Nutzung verschiedener Archive unterstützt, darunter die Zentralen Namenskartei sowie sowjetische Kriegsgefangenenakten, zu denen seit dem Ende des Kalten Krieges Zugriff besteht. Insbesondere die sowjetischen Dokumente sind wertvoll, da sie detaillierte Informationen über die Kriegsgefangenen enthalten. Dennoch gestaltet sich die Kooperation mit russischen Archiven aufgrund politischer Spannungen, insbesondere nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs, schwierig.
Der Suchdienst bearbeitet jede Anfrage individuell, wobei Familienangehörige möglichst viele Informationen bereitstellen sollten, um die Suche zu erleichtern. Die Suche selbst kann von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahren dauern. Die Ergebnisse sind gemischt; im Jahr 2023 konnte in etwa 36 Prozent der Fälle eine klärende Antwort gegeben werden.
Ein bemerkenswerter Aspekt der Arbeit des Suchdienstes sind die Vermisstenbildlisten. Diese enthalten Fotos der gesuchten Personen und haben in der Vergangenheit bei der Identifizierung Vermisster geholfen. Sie bilden die Grundlage für das Programm „Trace the Face“, das heutzutage international genutzt wird, um Kontakte zwischen Flüchtlingen und ihren Angehörigen wiederherzustellen.
Finanziert wird der Suchdienst zu 100 Prozent vom Bundesinnenministerium, mit einer Förderung von fast elf Millionen Euro im Jahr 2023, die bis 2028 verlängert wurde. Jedoch bleibt unklar, wie lange das öffentliche Interesse an der Klärung von Schicksalen des Zweiten Weltkriegs bestehen wird. Während der Suchdienst weiterhin aktiv bleibt, ist zu erwarten, dass die Anfragen mit der Zeit abnehmen könnten, da die nächsten Verwandten der Vermissten ebenfalls altern.
(Eine Zusammenfassung des Textes aus dem Landsberger Tagblatt „Fast 80 Jahre nach Kriegsende suchen noch Tausende nach ihren Angehörigen“ von Tabea Kingdom)